oftmals geht man stillschweigend davon aus, dass zwischen denjenigen, die Astrologie in welcher Form auch immer anwenden, eine Art Einvernehmen darüber bestünde, was Horoskope anzeigen können, welche Art von Aussagen möglich ist, was durch ein Horoskop abgebildet wird und ähnliches mehr.
Viele Modelle beruhen auf Grundannahmen (Axiomen*) die sich häufig überschneiden, aber auch sehr gegensätzlich sein können. Genauer gesagt: Diese Axiome eines astrologischen Modells beruhen auf einer Sicht der Welt oder einer Weltanschauung. Manche Anschauungen schließen so etwas wie Freiheit aus, sind also das, was man deterministisch nennen kann. Andere Anschauungen gehen von einem höheren Freiheitsgrad für Individuen aus. Das hat natürlich Auswirkungen auf das astrologische Verständnis davon, was etwa im Bereich der Prognose möglich ist und was nicht. Für manch einen ist es sehr wichtig, aus einem Horoskop eine Person oder ein Ereignis nicht nur inhaltlich aus den Konstellationen heraus zu erfassen, sondern auch die Form, also beispielsweise Details eines Ereignisses so genau wie möglich zu erkennen oder die Schuhgröße einer Person.^^ Andere wiederum sind hochzufrieden, wenn sie ein Ereignis inhaltlich erfassen, weil sich ihrer Sichtweise nach die Form, in der sich eine Konstellation zeigen kann, nicht erkennen lässt.
Missverständnisse in Diskussionen sind eigentlich dann vorprogrammiert, wenn man nicht deutlich macht, auf welcher Basis Deutungen und anderes vorgenommen werden. Immerhin liefern Missverständnisse dieser Art reichlich Diskussionsstoff.
Roscher hat für die Transpersonale Astrologie (TPA) Axiome formuliert, die ich hier in gekürzter Form wiedergeben möchte.
- 1. Die im Horoskop abgebildeten Anlagen im Körperlichen, Seelischen, Mentalen und Schicksalhaften haben einen Entfaltungsspielraum im Positiven wie im Negativen, der groß, aber nicht beliebig ist.
- 2. Umwelt, Intelligenz, genetische Voraussetzungen, Erziehung etc. sind nicht konkurrierende Faktoren, sondern werden im Radix wiedergespiegelt; d. h., das Horoskop ist nicht ein Faktor unter vielen, die unsere Wirklichkeit bestimmen, vielmehr ist es ein Abbild unserer gesamten Wirklichkeit, so wie ein Thermometer die Raumtemperatur anzeigt, die sich wiederum aus Einzelkomponenten wie Heizung, Isolation der Wände, Größe des Raumes, Anzahl der Personen im Raum, offenes oder geschlossenes Fenster etc. zusammensetzt.
- 3. Der freie Wille ist eine direkte Funktion des Bewusstseins. Je größer das Bewusst-Sein, um so größer der Entfaltungsspielraum von Konstellationen.
- 4. Die TPA geht davon aus, dass problematische Konstellationen den Weg zu ihrer Lösung bereits in sich tragen.
- 5. Astrologische Aussagen müssen auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfbar sein – entweder sind die sinnvoll oder eben nicht. Nicht überprüfbare Aussagen haben Glaubenscharakter und bergen die Gefahr der Selbsttäuschung in sich, sie sind deshalb nicht Teil der TPA. So halten die Vertreter der TPA die Karma-Hypothese für wahrscheinlich, aber nicht beweisbar.
Mich interessiert, ob andere Schulen/Richtungen der Astrologie ebenfalls Grundannahmen formuliert haben, die die Basis ihrer Modelle bilden und vor allem, wie ein jeder zu diesen Axiomen steht. Es kann ja sein, dass eine bestimmte Vorgehensweise einem sehr zusagt oder sehr liegt, einem die ein oder andere Grundannahme jedoch ein wenig quer im Magen liegt. Möglich ist auch, dass einem gar nicht so ganz genau klar ist, auf welcher Weltanschauung das bevorzugte Deutungsmodell beruht.
Schöne Grüße
Rita
*Axiome: Nicht mehr weiter hinterfragbare Grundannahmen, aus denen sich alle weiteren Aussagen und Postulate ableiten lassen.