Vor- und Nachteile bei Regelanwendungen

Astrologie nach traditionellen alten Meistern (William Lilly etc.)
Stundenhoroskope, Geburtshoroskope etc.
Benutzeravatar
frajoscha
Mitglied
Beiträge: 883
Registriert: Do 16. Jun 2016, 20:33
Methode: Traditionell, Klassisch
Kontaktdaten:

Vor- und Nachteile bei Regelanwendungen

Beitrag von frajoscha » So 20. Nov 2016, 10:16

Hallo miteinander,

Das Forum an sich gilt im Allgemeinen als Treffpunkt von Meinungen, Kenntnissen und als Gelegenheit
Menschen zu begegnen. Auch dieses Forum besitzt Merkmale wie oben beschrieben. Schreibende Mit-
glieder und lesende interessierte Gäste treffen sich zu einem Stelldichein.
Beide, Gäste und Mitglieder, wollen am Ende ein Mehr an Kenntnissen. Unter den Gästen vermute ich
interessierte Neulinge, Fortgeschrittene und Versierte.

Mein Beitrag richtet sich vornehmlich an Neulinge und Astrophile die zwar Kenntnisse haben aber sich
selbst noch nicht zutrauen ein Stundenhoroskop allein zu deuten. Eine Redewendung sagt „Viele Köche
verderben den Brei“. So mag es Manchem ergehen, der vor lauter Bücher den Überblick verloren hat
und am Ende nicht mehr weiß wo ihm der Kopf steht. Regeln, Regeln, Regeln. Darunter sind auch Regeln
die heute noch in Kursen kursieren und in Büchern gelehrt werden, die nicht mehr haltbar sind. Gründe
dafür gibt es schon und sie sind vielfältig. Veränderungen in der Sichtweise die sich aufgrund der Zeiten
verändert haben. Auch das Denken ist Zyklen unterworfen. Es stellen sich Moden ein Dinge so und so zu
sehen.

Meine Absicht ist es über Denkweisen zu schreiben die mit dem Umgang und der Anwendung von Astro-
logie zu tun haben. Dabei nehme ich für mich nicht in Anspruch Postulate zu verbreiten. Die Erfahrung
und Erlebnisse haben mich gelehrt, dass es vorteilhaft ist bestimmte Meinungen zu ignorieren und ande-
res wieder für sinnvoll zu halten. Ich halte es für grundsätzlich unverzichtbar sich jede Regel auf Sinnhaf-
tigkeit hin zu prüfen. Darüber soll im Nachfolgenden die Rede sein.

Ein Rundblick in verschiedene Beiträge lässt mich manches Mal mit Verwunderung zurück. Gerne möchte
ich Fehler unterscheiden zwischen lässliche Fehler und systembezogene Fehler. Ich selbst ärgere mich
über meine lässlichen Fehler am meisten. Diese können sein, Regeln vergessen oder außer Acht gelassen,
rechnerische Fehler, Flüchtigkeitsfehler. Oder Fragen beantworten die nicht gestellt wurden.
Systembezogene Fehler sind falsche Zuordnung der Signifikatoren. Unrichtige Zuweisung von Situationen,
Personen oder Geschehnisse zu Zeichen und Häuser. Unkenntnisse elementarer Regeln, Unverständnis
gegenüber der Sinnhaftigkeit des astrologischen Logos; daher Astro-Logos, Astrologie.
Die inzwischen herauskristallisierten Regeln wurden nicht auf einmal entdeckt.
Jahrhunderte dauerte die Entwicklung die durch Empirie zustande kam. Unterschiedliche Kulturen waren
und sind an der Weiterentwicklung beteiligt.

Auf noch etwas möchte ich hinweisen: Wer ist Astrologe?
Astrologe ist wer eine an ihn gerichtete Frage mit dem Lauf der Sterne in Verbindung zu bringen weiß
und daraus eine zutreffende Antwort zu geben im Stande ist. Ich möchte es mit William Lilly halten, der
sinngemäß schrieb, dass wir ein Leben lang Studenten der Astrologie bleiben.

Hier möchte ich nur einige wenige Ansichten beleuchten die Quelle von Fehlprognosen sind, Übrigbleibsel
früherer Zeiten. Hilfreiche Regeln in der Traditionellen Stundenastrologie die zu beachten vorteilhaft sind.

Frühe oder Späte Aszendenten
Heute ist es uns möglich genaueste Zeitmessungen vorzunehmen. Unsere Alt-vorderen hatten diese Mög-
lichkeit nicht. Wenn sie daher nicht sicher waren ob ein AS nun früh oder spät ist wussten sie, dass das
Horoskop möglicherweise falsch errichtet sein könnte. Die daraus resultierenden Fehlprognosen konnten
dem Ruf des Astrologen schaden. Doch dafür mussten dem Auftraggeber plau-sible Argumente vorgetra-
gen werden, das Horoskop nicht deuten zu können. Diese Argumente waren leicht gefunden.
Machen wir heute eine Rechnung auf: 5° zu Beginn eines Zeichens und 5° am Zeichenende sind 10° pro
Zeichen; insgesamt 120° vom 360°. Ein Drittel aller Horoskope sollen nicht deutbar sein?
Jedes Horoskop ist deutbar, egal wo sich der AS befindet. Doch geben Frühe und Späte AS gelegentlich
Hinweise die interessant sein können: Nach eigenen Beobachtungen sind Frühe AS oftmals Hinweise, dass
sich die Angelegenheit in einem frühen Entwicklungsstadium befindet. Der Späte AS demnach als Hinweis
einer befragten Angelegenheit oder Zustand der schon längere Zeit andauert.

Ein Haus mit 2 Zeichen
Bei manchen Astrophile und Astrologen ist es Usus einen Nebenherrscher oder Nebensignifikator mitlaufen
zu lassen. Die Literatur in manchem Lehrbuch führt diese Regel immer noch mit sich herum. Davon möchte
ich abraten. Wer hat schon akribisch die Wertigkeit der Nebensignifikatoren (NS) systematisch studiert und
deren Sinnhaftigkeit aufgezeigt? Es ist besser sich richtig und tiefgreifend mit dem Haupt-Signifikator zu
befassen als einen weiteren subalternen Signifikator in die Deutung mit einzubeziehen. Das Bild bleibt da-
durch übersichtlicher. Ich kenne keine Studie die den Nebensignifikatoren Bedeutung beimisst.

Unterschiedliche Themen mit 1 Horoskop
Wer sich darauf einlässt wird schnell merken, dass diese Vorgehensweise ein sicherer Weg zur falschen
Prognose ist. Ein Beispiel soll es verdeutlichen: Fragestellung: „Werde ich die Stellung bekommen?“
Ein Stundenhoroskop auf diese Frage antwortet zunächst mit JA oder NEIN. Es beantwortet auch Fragen
nach Arbeitsinhalt, Gehalt, Situation der Firma oder des Vorgesetzten und Mitarbeiter sowie Mitbewerber
um diese Stelle. Es zeigt auch warum der Bewerber die Stelle anstrebt. Alles Fragen die mit der ursprüng-
lichen Frage in engem Zusammenhang stehen. Alles Nichtdazugehörige benötigt ein neues Horoskop;
möglichst zeitlich verschieden.

Saturn im 7. Haus
In Büchern ist zu lesen, Saturn im 7. Haus stelle den Astrologen dar, der mit der Deutung des Bildes Schwie-
rigkeiten haben wird und anfällig sei Fehlprognosen zu tätigen. Dem möchte ich nicht zustimmen, sofern
es die Stundenastrologie betrifft. Saturn in 7 kann je nach Frageinhalt wünschenswert oder hinderlich sein.
Gut, es gibt Fehler, die nichts mit dem Stand des Saturns zu tun hat. Vielleicht schwang in früheren Tage der
Gedanke mit, dass der Astrologe irgendwie im Horoskop unsichtbar mit zugegen sei?

Keine Themen bearbeiten die nicht gefragt sind
Ein häufig anzutreffender Fehler von Anfänger. Es ist wie ein Schnappen nach allem was ein Anfänger meint
aufzugreifen zu müssen. Häufig ist dies ein Anzeichen, dass der eigentlichen Lösung der Frage nicht beizu-
kommen ist. Dann, wenn die astrologische Deutung auch noch bezahlt wird kommt das Erwachen, nur für
das honoriert zu werden was den eigentlichen Frageinhalt betrifft. Es ist nicht die geschriebene Menge son-
dern der verwertbare Teil der Expertise der zählt. Oft mangelt es dem Astrologen nicht in ausreichender
Menge aller Fakten zur Bearbeitung herangezogen zu haben.

Scheinfragen
Es kann vorkommen, dass Fragende sich genieren mit ihrem eigentlichen Problem herauszukommen. Dann
werden Scheinfragen gestellt in der Hoffnung, dass bei der Bearbeitung irgendetwas für das eigentliche
Anliegen herauskommt.
Eine bewährte Methode, sofern Zweifel aufkommen, ob die gestellte Frage auch die eigentliche Frage ist,
besteht darin, zu schauen, ob der Frageinhalt im Horoskop erkennbar ist. Wenn nicht, dann nachhaken
oder die Beantwortung ablehnen. Ein wirkliches Anliegen ist immer im Horoskop erkennbar, weil das Ho-
roskop ja eine Darstellung der Lebensrealität ist. Eine Scheinfrage wird nicht im Horoskop dargestellt, weil
sie keine Realität besitzt.

Ephemeriden außer Acht lassen
Dies ist ein systembezogener Fehler, generell, gleich ob Stunden- oder Geburtshoroskop. Manchmal sieht
es so aus als käme ein Aspekt zustande. Ein Blick in die Ephemeride gibt Auskunft, ob der Kontakt wirklich
zustande kommt und somit das gewünschte oder befürchtete Ereignis. Der Weg, den der schnellere Planet
braucht, um den Aspekt zu erfüllen, gibt uns die Anzahl der Grade (°) an, die dann je nach Zeichen und
Haus in ein vernünftiges Zeitmaß umgewandelt wird, z. B. Tage, Wochen, Monate oder seltener Jahre.

Nachlese
Geht einmal eine Deutung daneben wird die Welt nicht untergehen. Für Astrologen ist das nichts Außerge-
wöhnliches. Das Interessante daran ist es den Fehler zu finden, ihn aufzuspüren. Ohne Nachlese, von einem
Horoskop zum anderen zu hüpfen, lässt einen unweigerlich auf der Strecke bleiben. Es werden immer wie-
der dieselben Fehler passieren. Gewöhnt man sich daran Horoskope so zu deuten, dass sie dem Honorar
gerecht werden, dann ist man auf der richtigen Seite. Wir müssen den Fragenden mit seinem Anliegen ernst
nehmen.
LG, Franz-Josef 17.11.2016

Benutzeravatar
frajoscha
Mitglied
Beiträge: 883
Registriert: Do 16. Jun 2016, 20:33
Methode: Traditionell, Klassisch
Kontaktdaten:

Re: Vor- u. Nachteile bei Regelanwendungen Teil 2

Beitrag von frajoscha » Mo 21. Nov 2016, 12:00

Hallo miteinander,

Achsenkreuz, Häuser, Mondknoten und Antiszien.
Wir wissen, dass sich das Achsenkreuz mit seinen Häusern entgegen dem Uhrzeigersinn
bewegt. Haben wir ein Radix oder Stundenhoroskop vor uns, dann gelten diese als fix.
Wollten wir diese dann bewegen nach einem gewählten Zeitschlüssel müssen wir uns zu-
sätzlicher Horoskope bedienen.

Was ich in Erinnerung rufen möchte ist nichts Weltbewegendes an sich.

Aspekte senden und empfangen ist den Planeten vorbehalten, da diese körperlicher Natur
sind. Das ist die materielle Ebene. Hier finden quasi "Berührungen" statt.

Achsenkreuz, Häuser und Mondknoten gehören nicht zur materiellen Ebene.
Sie sind rechnerische Punkte, mathematische Orientierungen.
Sie können keine Aspekte senden, vielmehr empfangen sie Aspekte.
Achsenkreuz, Häuser und Mondknoten, Antiszien tun nichts, sondern mit ihnen wird etwas getan.

Aspektiert nun ein Radixplanet eine vorgeschobenen oder sekundärprogressiven Teil
des Achsenkreuzes, Haus oder Mondknoten, so ist es der Radixfaktor der den anzeigenden
Teil des so altgewordenen Geborenen (der bewegt wurde) berührt.

Beispiel: AS pr r. richtiger sollte es heißen: r AS pr.
Denn der so alt gewordene Geborene (AS pr) wird von einem Radixfaktor berührt und es
ist das Radix das angesprochen ist, dadurch, dass der AS pr einen radikalen Aspektpunkt
passiert. Das gleiche gilt für Häuser und Mondknoten.

Vielleicht hilft ein Beispiel: Eine Mausefalle und eine Maus. Die Mausefalle ist der ruhende
Teil, der Radixfaktor. Die Maus die sich zur Falle begibt, der bewegte so alt gewordene Teil.
Tritt dei Maus auf die Falle (Radix) dann bewegt sich die Falle. Mit anderen Worten, der Be-
deutungsfaktor Radix gibt eine Anzeige frei.

Ich denke, das Vorgenannte gilt noch für den Fall, solange die Erkenntnis Gültigkeit hat, dass
nur das Wirklichkeit wird, wenn es im Radix als latente Anlage ruht.
Gegensätzliche Begründungen sind herzlich willkommen.
LG. Frajoscha

Benutzeravatar
GreenTara
Administration
Beiträge: 5300
Registriert: Fr 21. Apr 2017, 17:32
Methode: überwiegend TPA, Häuser: Campanus

Re: Vor- und Nachteile bei Regelanwendungen

Beitrag von GreenTara » Di 22. Nov 2016, 08:35

Hallo frajoscha :)

danke für diese Darlegungen. :)

Das hier möchte ich unterstreichen:
frajoscha hat geschrieben:Ich denke, das Vorgenannte gilt noch für den Fall, solange die Erkenntnis Gültigkeit hat, dass
nur das Wirklichkeit wird, wenn es im Radix als latente Anlage ruht.
Meine Kurzformel ist die: "Was nicht angelegt ist, kann nicht ausgelöst werden." Ein Grundsatz, der gern mal unter den Tisch fällt, den ich aber für ausgesprochen wichtig halte.

Schöne Grüße
Rita
»Ist es nicht zynisch, wenn sich führende Politiker ›Sorgen machen‹ wegen der ›steigenden Zahlen‹? Wie wäre es, wenn sie sich zur Abwechslung mal um Menschen sorgen würden?«

M. Burchardt

Antworten