Lieber Astro26
Astro26 hat geschrieben: ↑Mo 23. Apr 2018, 16:40
Das ist eine sehr schwierige Frage, die so einfach wahrscheinlich nicht mehr zu lösen sein wird. Vor allem ist sie gekoppelt an die Globalisierung, an die Öffnung der Märkte, Faktoren, die eine stete Bereitschaft zum Ortswechsel erfordern. Allein auf der sozialen Ebene wird dieses Problem kaum lösbar sein, denke ich.
Ein erster Schritt glaube ich, den jeder auf der Individualebene setzen kann, ist, nicht alles mitzumachen. Nicht zu glauben, immer der Erste, der Schnellste sein zu müssen, 24h erreichbar. Bewusste Entschleunigung. Wir lassen uns durch unsere Smartphones hetzen, durch Emails usw. Doch haben wir dadurch qualitativ auch mehr Zeit? Ich denke, in gewisser Hinsicht sogar weniger als früher. Das wäre schon mal ein Schritt Richtung mehr Lebensqualität, auch wenn das keine Strukturellen Probleme (auf kurze Sicht) löst.
Ja, aber es zwingt mich doch niemand, irgendwas mitzumachen?
Ich habe ein Festnetztelefon (da bin ich immer erreichbar), email und ein Handy, das für Notfälle gedacht ist. Das ist fast immer aus und nur meine Frau kennt die Nummer. WhatsApp? Facebook? Was soll ich denn da reinschreiben? Von meinem langweiligen Leben oder so?
Wen interessiert denn das?
Es ist meine Entscheidung - genauso wie die Entscheidung, alle sozialen Medien gleichzeitig zu nutzen. Ich vermisse nichts. Seit ich auf viele Seiten (z. B. Spiegel Online) nicht mehr komme, weil ich mit noscript arbeite und ich nicht bereit bin, Werbung zu sehen, ist das auch o. K. Dann halt nicht.
Ich finde emails nicht als Druck, sondern als die Möglichkeit, erst mal nachzudenken, dann zu schreiben. Wie hier im Forum.
Und hier möchte ich speziell für die Astrologie sprechen und wie über sie in der Mehrheitsgesellschaft verhandelt wird. Astronomen, Physiker, Psychologen und Theologen äußern sich stets dazu. Jedem wird das Recht eingeräumt, über die Astrologie etwas zu wissen. Dabei haben die Wenigsten der Kritiker sich jemals wirklich mit der Astrologie und ihrer Diversität auseinandergesetzt. Ich traue mich zu behaupten, dass die härtesten Kritiker der Astrologie am wenigsten Ahnung davon haben. Geschweige denn das nötige Wissen haben, um über die epistemologischen oder wissenschaftstheoretischen Zugänge vernünftig zu diskutieren.
Das betrifft aber alle Themen, nicht nur die Astrologie. Überall sitzen "Experten" (und Politiker), die alles besser wissen. Es wird halt nur ein gewisses Mittelmaß nach oben gespült - wenn überhaupt.
Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass die Astrologie einen so schlechten Ruf hat - denn es gibt schon viel zu viele schlechte Astrologiebücher.
Was würde sich denn Deiner Meinung nach ändern, wenn wir Astrologie "wertfrei" auf einer breiten Ebene diskutieren? Gäbe es mehr astrologische Schulen? Würden die Menschen mehr "Sinn" (wie man das auch immer definieren mag) sehen?
Astro26 hat geschrieben: ↑Mo 23. Apr 2018, 16:40
Doch das ist leider das, was bei der Mehrheit ankommt - Zeitungshoroskope. Und ja, die Mehrheit ist teilweise nicht gewillt, sich eigenständig mit dieser Materie auseinanderzusetzen. Es braucht schon eine gehörige Portion Courage und Aufgeschlossenheit, sich von Astronomen und Physikern nicht entmutigen zu lassen und die Astrologie auf eine Faust zu erobern.
Das ist glaube ich nicht der Grund. Die Mehrheit ist grundsätzlich nicht gewillt, sich durch Anstrengung und Arbeit mit einem so komplexen Thema auseinanderzusetzen (Faulheit, Dummheit, Bequemlichkeit). Hatten wir ja kürzlich hier im Forum, wo es dann auch zu einigen Zwistigkeiten kam.
Das immer wieder gleiche Schema lautet:
- ich verstehe nichts von meinem Horoskop
- ich will es aber wissen
- und zwar sofort
- und natürlich gratis
- Obwohl mir die Möglichkeiten des Internet zur Verfügung stehen, will ich nicht mal schnell nachlesen, was ein Stundenhoroskop ist und was es kann, welche Techniken es gibt, etc.
Das ist die Kehrseite des Netzes - alles muß gratis sein und sofort und wenn ich etwas bei A****on bestelle, dann soll das auch am gleichen Tag noch kommen. Genieße ich auch mal. Aber es hat verheerende Auswirkungen auf die Transportdienstleister und die Löhne.
Astro26 hat geschrieben: ↑Mo 23. Apr 2018, 16:40
Und ja, jede Information steht offen zur Verfügung. Doch ich habe selbst erfahren, dass ab einem gewissen Punkt Bücher nicht mehr helfen. Es benötigt irgendwann jemanden, der einem die Augen öffnet. Und man braucht das Talent und das Geschick, sich Information eigenständig anzueignen.
Nun - jeder Idiot besitzt das Talent und Geschick, sein auf Pump gekauftes Smartphone bis ins letzte Detail zu kennen und zu bedienen. Wenn es aber darum geht, über seinen Tellerrand hinauszusehen, dann wird es schwierig, Das Problem ist nicht unbedingt das Unvermögen, es begreifen zu können, sondern die Forderung, es so präsentiert zu bekommen, dass man den maximalen Nutzen daraus zieht, ohne etwas dafür tun zu müssen.
Astrologie ist üben, üben, üben. Und selbst der große William Lilly hat sich immer nur als "Student der Astrologie" bezeichnet. Sehr schön ist das Vorwort zu seiner Christlichen Astrologie (hier ein paar Zitate):
"Hüte Dich vor Stolz und Eigendünkel und erinnere Dich, dass in früheren Zeiten kein unvernünftiges Wesen den Menschen, den Mikrokosmos, zu verletzen wagte."
"Stehe fest zu Deinem Gott und sicheren Prinzipien, o Mensch, betrachte Deine eigene Noblesse und wie alle geschaffenen Dinge, gegenwärtige oder zukünftige, deinetwegen erschaffen wurden. Deinetwegen wurde Gott Mensch. Du bist das Wesen, das über die Himmel regiert, wenn Du im Gleichklang mit Christus lebst und über alle Macht und Herrschaft thronst, Wieviele Vorrangstellungen, Privilegien, Vorteile hat Gott Dir verliehen? Du rangierst durch Kontemplation über den Himmeln, indem Du Dir die Bewegung und Großartigkeit der Sterne vorstellst. Du sprichst mit den Engeln, ja mit Gott selber." Christliche Astrologie, Band 1, S. 25f)
Bei der Vielzahl von Büchern, von astrologischen Schulen, etc. muß man seinen eigenen Weg finden - genauso, wie in den Geisteswissenschaften. Ist der Kognitivismus besser als der Behaviorismus? Oder ist doch die Psychoanalyse das "beste" Denkgebäude?
Ich merke, wie ich immer wieder neugierig auf Astrologiebücher zurückgreife, die mir eigentlich eher suspekt sind - aber vielleicht habe ich sie ja damals nicht richtig verstanden?
Ich vermute mal: Du bist hier neugierig und damit wird es halt auch schwierig. Du könntest ja auch sagen: Ich habe API, Döbereiner, Ebertin, ... gelernt, das ist genau die Schule und die wende ich an! Das machen sicherlich viele Astrologen. Und das ist einfach.
Ansonsten bleibt natürlich der Zweifel - aber auch die Neugier, sich mit neuen Techniken und Ideen zu befassen.
LG Stefan